Nach einer fünfstündigen Autofahrt erreichen wir Alice Springs - die Bushflies sind zum Glück nicht mitgereist.
School of the Air - schon oft im Unterricht erwähnt, aber noch nie live gesehen. Die erste Schule dieser Art wurde in Alice Springs 1951 gegründet und trägt den Beinamen 'world's biggest classroom'. Tatsächlich sind die Schüler und Schülerinnen über ein riesiges Territorium - eine Million Quadratkilometer - verstreut. Schüler der gleichen Klasse können über 2'000 Kilometer voneinander entfernt leben. Anfangs wurden nur Kinder der Stufen Year 1-6 unterrichtet, heute ist auch die Sekundarstufe 'on air'. In den Anfängen wurde nur unidirektional über Kurzwelle Wissen vermittelt, heute läuft das natürlich vernetzt über das Web. Jeder der eingeschriebenen Schüler bekommt als Starterkit einen Computer, eine Satellitenschüssel, rund um die Uhr Internetzugriff und einen Drucker mit Scanner. Im Gegensatz zu früher wird nicht mehr alles per Post hin und her geschickt - aber nur elektronisch geht es dann eben auch nicht. Leihbücher und Bastelmaterial wird nach wie vor per Post zugestellt. Pro Tag hat jeder Schüler eine Stunde Gruppen- oder Einzelunterricht. Auch Einzelgespräche und persönliches Feedback wird via Netz erledigt. Den Rest des Tages lernen die Schüler mit den zugesandten Materialien unter Anleitung der Eltern, älteren Geschwister oder eines eingestellten Tutors. Die jeweiligen Sequenzen on air dauern 30 Minuten und decken im Laufe der Woche alle wichtigen Fächer ab. Wir besuchen die Schule während den Ferien und so können wir leider keine Livelektion mitverfolgen, aber für jede Altersstufe hat es eine passende Aufzeichnung und so sehen wir eine Englischstunde von Year 5 und eine Chemielektion Year 9. Die Schüler können jeweils in einem für alle sichtbaren Chat Fragen stellen oder Fragen beantworten. 'Please pick me' und die Lehrerin weiss, dass der Schüler die passende Antwort hat und virtuell aufstreckt. Es fällt auf, dass alle Schüler sehr gut und schnell tippen können. Dank einer Webcam und einem Headset kann ein Schüler auch für alle sichtbar eingeblendet werden und auf diese Art kommunizieren. Jeder Lehrer besucht seine Schüler einmal pro Jahr zuhause und tauscht sich mit den Eltern oder den jeweiligen Tutoren aus. Dies bedeutet natürlich teils sehr lange Fahrten mit dem 4WD ins Outback Australiens. Einmal pro Schuljahr treffen sich alle Schüler in Alice Springs und geniessen den Unterricht im normalen Klassenverband; viele sehen ihre Klassenkameraden dann ein erstes Mal. Wer nun denkt, dass die Schüler hier weniger leisten müssen, da sie nur eine Stunde online unterrichtet werden, täuscht sich. Es gelten auch im Outback die offiziellen Schulstunden 'nine to four'.
Gleich danach besuchen wir die Royal Flying Doctors. John Flynn, ein Pfarrer hat 1928 den Aerial Medical Service (AMS) gegründet und gilt als Gründungsvater des Royal Flying Doctor Service. In einer rund 20-minütigen Hologramshow erklärt uns das Hologram John Flynn, dass es am Anfang nur zwei Ärzte für das rund zwei Millionen Quadratkilometer grosse Outback gab und die medizinische Versorgung grösstenteils nicht gewährleistet werden konnte. Mit der Erfindung des pedalbetriebenen Funkgerätes konnten auch entlegene Farmen mit der AMS Kontakt aufnehmen. 1942 wurde die AMS in Flying Doctor Service umbenannt und 1955 wurde von der englischen Krone die Zustimmung für das vorangestellte 'Royal' gutgeheissen.
Heute gibt es 21 Stützpunkte des RFDS und insgesamt wird ein Gebiet von mehr als 7 Millionen Quadratkilometer abgedeckt; innerhalb von zwei Stunden kann jede Person in Australien erreicht und versorgt werden. Aus 2 Ärzten 1928 sind es heute über 1000 Personen geworden, welche für den RFDS arbeiten. Der Royal Flying Doctor Service wird zu 80% durch den Staat finanziert und die restlichen 20% durch Spenden und Mitgliedschaften.
Ein bisschen stolz vernehmen wir, dass die neusten Flugzeuge aus der Schweiz stammen werden; 13 PC-24 aus den Pilatuswerken. Ab 2017 ergänzen sie die Flotte und halbieren die bestehenden Flugzeiten auf langen Distanzen. Heute stehen für die Royal Flying Doctors 63 Flugzeug in Betrieb.
Von beiden Führungen am heutigen Tag sind wir sehr beeindruckt und bewundern das Engagement aller Beteiligten; hier steckt sehr viel Herzblut drin.
Nach 10 Tagen geben wir heute unseren 'Squeezie' hier in Alice Springs ab. Wir haben diese Herausforderung besser gemeistert als erwartet und fanden das kleine Fahrzeug einstweilen sogar ziemlich praktisch. Allerdings war dieses Unterfangen auch nur möglich, weil es nie geregnet hat; bei Regen hätten wir wohl kapituliert und uns ein Hotelzimmer gesucht.
Wir haben daher beschlossen, den Squeezie vom PW zum Camper zu befördern. Er hat sich das redlichst erarbeitet. Ab sofort darf er nun auch auf den grossen Parkfeldern parken.
... am Abend erscheint uns unser Hotelzimmer riesig. Wir lauschen dem Echo und müssen aufpassen, dass wir uns nicht verirren.